Gerüstbau in Corona-Zeiten – Was macht die Branche?

Die COVID-19-Pandemie hat im vergangenen Jahr so ziemlich alles auf den Kopf gestellt – in der Gesellschaft, der Medizin und der Wirtschaft gleichermaßen. Auch das Gerüstbau-Handwerk hat die Auswirkungen des Virus zu spüren bekommen. Nun, wo bereits in weiten Teilen der Welt fleißig geimpft wird und die Wirtschaft sich langsam, aber sicher wieder zu erholen scheint, wollen wir einen Blick auf die Branche werfen.

Bis Anfang vergangenen Jahres sah es für das Baugewerbe und das Handwerk in Deutschland noch recht rosig aus. Die Branchen verzeichneten eine gute Konjunktur und befanden sich im Aufschwung – allerdings wurde schon im April 2020, also relativ kurz nach Ausbruch des Corona Virus, klar, dass es damit erst einmal vorbei ist. Das zeigt unter anderem die prognostizierte Umsatzentwicklung im Baugewerbe für die kommenden Jahre.

Auch eine Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) von Ende März 2020 zeigte Ähnliches: 70 Prozent der befragten Unternehmen meldeten Umsatzeinbußen, viele davon im hohen zweistelligen Prozentbereich. „Dabei sanken die Umsätze der betroffenen Betriebe im Mittel um mehr als 50 Prozent“, zitiert der Nordkurier den ZDH. „Die Umsatzrückgänge führen dazu, dass viele an sich gesunde Betriebe aktuell um ihre Existenz fürchten.“ Alle Gewerke seien von den Rückgängen betroffen gewesen, allerdings nicht immer im selben Ausmaß.

Während beispielsweise Friseure und andere Dienstleistungsbranchen, die mit einem hohen Maß an menschlichem Kontakt arbeiten, zeitweise völlig zum Erliegen kamen, wurde auf vielen Baustellen weiter gearbeitet – wenn auch unter verschärften Hygiene- und Abstandsbedingungen. Auch im Gerüstbau hatten viele Betriebe weiterhin genug zu tun.

Dauer-Lockdowns sowie politische und gesellschaftliche Unsicherheiten führten jedoch im Laufe der Pandemie dazu, dass die Lage eher schlechter als besser wurde. In einem Interview der Badischen Zeitung von Juni 2021 erklärt der Präsident der Handwerkskammer Freiburg, Johannes Ullrich, woran das liegen könnte: es sei Sand im Getriebe, was auch durch fehlende Baugenehmigungen oder fehlende Aufträge der öffentlichen Hand bedingt werde. „Perspektivisch sehen wir aber, dass dieser Sand im Getriebe auch wieder verschwindet“, ist sich Ullrich sicher. „Die Aussichten sind langfristig gut!“

So gebe es gerade in Krisenzeiten auch eine Konjunktur für Neugründungen und Selbstständigkeit.

Lohnerhöhungen und Corona-Bonus für Gerüstbauer

Im Sommer 2020 einigten sich die Tarifvertragsparteien im Gerüstbauhandwerk auf Maßnahmen, die auch zur Unterstützung der durch Corona geschwächten Konjunktur dienen sollten. Dazu gehörten folgende Veränderungen:

  • Anhebung des Ecklohns im Gerüstbau um 2,3 Prozent auf 17,04 Euro.
  • Anhebung des Mindestlohns im Gerüstbau auf 12,20 Euro.
  • einmaliger Corona-Bonus in Höhe von 350 Euro für Gerüstbauer und ein einmaliger Bonus in Höhe von 175 Euro für Auszubildende.

Marcus Nachbauer, der Verhandlungsführer der Tarifkommission auf Arbeitgeberseite, sagte damals, dass die Lohnsteigerungen und die einmalige Corona-Prämie ein Signal an Arbeitnehmer und den Arbeitsmarkt sei, dass die Arbeitgeber die Leistung ihrer Mitarbeiter immer und vor allem in der aktuellen Krisensituation wertschätzen.

Materialpreisschwankungen und Lieferengpässe – auch im Gerüstbau?

Aktuell wird die Bauwirtschaft durch Schwankungen bei Materialpreisen und durch Lieferengpässe „massiv“ beeinflusst. Bereits seit Ende vergangenen Jahres zeigten sich die Auswirkungen der Pandemie auch auf globale Lieferketten. Vor allem Betonstahl, Holz und Mineralölerzeugnisse sind teilweise um bis zu 30 Prozent teurer geworden.

Dass die Nachfrage zeitweise weitaus größer als das Angebot ist, lag und liegt auch an den durch Corona bedingten Lockdown-Maßnahmen und Einbrüchen in der Produktion. Alles, was während der Lockdowns nicht produziert wurde oder werden konnte, fehlt jetzt in internationalen Lieferketten.

Gerade im Gerüstbau führt das zu einer Art Kettenreaktion: Die Lieferengpässe sorgen für einen verzögerten Bauablauf. Der verzögerte Bauablauf führt zu längeren Gerüststandzeiten. Längere Gerüststandzeiten sind wiederum schlecht für die Beschaffungssituation in der Gerüstbaubranche. Das kann zu steigenden Preisen führen.

Hinzu kommt, dass auch Länder, die besonders viel Holz benötigen, inzwischen auf die Lieferengpässe reagieren, indem sie sie noch weiter befeuern: China und die USA beispielsweise – zwei Länder, in denen besonders viel mit Holz gebaut wird, haben laut HWK-Präsident Ullrich die „Märkte praktisch leer gekauft“. Noch dazu haben manche Länder wie Kanada ihren Holzeinschlag drastisch reduziert, andere Länder wie Russland schotten ihren Holzmarkt aktuell nach außen hin ab. Die Auswirkungen dessen kommen auch in Deutschland an, wo manche Holzprodukte bereits um 300 Prozent teurer geworden seien, so Ullrich.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks geht jedoch davon aus, dass sich die Lage bald wieder entspannen wird: „Auf längere Sicht hin ist davon auszugehen, dass sich der Markt zwar wieder beruhigen wird“, erklärt ein Sprecher des ZDH, es bestehe jedoch die Möglichkeit, dass sich das aktuell höhere Preisniveau vieler Baumaterialien auch nach dem Verschwinden der Engpässe auf einem etwas höheren Niveau stabilisieren könnte.

Fazit

Die Corona-Pandemie hat einiges durcheinandergewirbelt – auch die Gerüstbranche. Einerseits hat der Gerüstbau dank voller Auftragsbücher und guter Konjunktur in den vergangenen Jahren generell auch während der Pandemie noch gut zu tun gehabt, mit Ausnahme einiger Einzelschicksale. Mit einer Erhöhung des Ecklohns und einem einmaligen Corona-Bonus haben Arbeitgeber in dieser schwierigen Zeit versucht, ihren Mitarbeitern ihre Wertschätzung auszudrücken.

Aktuell ächzt die Branche jedoch noch unter den gestörten Lieferketten sowie Materialpreisschwankungen, vor allem beim Holz. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Lage sich bald wieder entspannen wird. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits.

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